Das Foto als historische Quelle
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Das Forschungsvorhaben untersucht private Kriegsfotografien von
Wehrmachtsoldaten aus dem Zweiten Weltkrieg. Rund 10 Prozent
der deutschen Bevölkerung besaßen 1939 einen Fotoapparat.
Der Aufforderung des Propagandaministeriums aus demselben Jahr,
die Kamera auch im Krieg nicht ruhen zu lassen, folgten viele
Soldaten bereitwillig. So finden sich bis heute in fast jedem
deutschen und österreichischen Haushalt auf Speichern, in Kellern
und in Schränken immer noch versteckte und auch offen gezeigte
Kriegsalben und Fotosammlungen. Im Fokus des Projekts steht
der Blick der Soldaten auf die fremden Menschen, Landschaften
und Kulturdenkmale in den besetzten Ländern.
Zwei Bildgattungen bilden die Basis: zum einen rund 150 –
vorwiegend aus Norddeutschland stammende – Fotoalben, deren
einstige Besitzer bekannt und zum Teil noch am Leben sind, zum
anderen Alben aus Museen, Archiven und privaten Beständen,
über deren Herkunft kaum etwas auszumachen ist. Die Aufnahmen
werden sowohl mit Blick auf ihren historisch-politischen als auch auf
ihren ästhetischen Kontext analysiert.
Forschungziel und Entstehungsgeschichte
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Das Projekt geht sowohl Fragen zur Praxis und Bedeutung des
Fotografierens als auch zum Bildertausch unter den Soldaten nach.
Ästhetische Prägungen und visuelle Vorstellungen vom Fremden, die
die Bilder dokumentieren, werden mit der Bildpublizistik der zwanziger
und dreißiger Jahre verglichen und in ihrem Verhältnis zur NS-Alltags-
ästhetik untersucht. Anordnung und Annotation der Fotos verweisen
auf das Album als Narrationsraum für subjektive Konstruktionen von
Erinnerung.
Das Vorhaben wurde mit Unterstützung der Deutschen Forschungsge-
meinschaft von 2004-2006 am Institut für Kunstwissenschaft der
Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg begonnen und von April
2006 bis Dezember 2008 am Jena Center. Geschichte des 20. Jahr-
hunderts der Friedrich-Schiller-Universität Jena mit Mitteln der Ham-
burger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur fortgeführt
und abgeschlossen.
Warum eine Ausstellung ?
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Die Reaktionen der Leihgeber der Projektsammlung bezeugen das
große, sich verändernde Interesse an einer neuen Sicht auf diese
Bilder, insbesondere der zweiten Generation der Töchter und Söhne
der ehemaligen Soldaten. Mit den Fragen nach dem Blick der
„Erlebnisgeneration“ auf den Krieg und nach der Montage und Be-
schriftung dieser Fotos in den Alben als Reflexion der jeweils sub-
jektiven Erfahrung treten diese privaten Bildspeicher heraus in den
öffentlichen Raum einer vergleichenden Betrachtung. Es wird deutlich,
wie der Krieg gesehen wurde, nicht, wie er war.
Damit eröffnen sich
Annäherungen zu Fragen an die Mentalität der Kriegsgeneration.
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